Naturgewalten

Die vielen Rodungen wurden dem Dorf im Laufe der Jahrhunderte zum Verhängnis. Die grösste Gefahr stellten die Lawinen dar. Doch auch vor weiteren Naturgewalten wie Hochwasser, Hangmuren oder Rüfen, wie man sie im Prättigau nennt, Feuer, Krank­heiten oder Hungersnöten blieb St. Antönien nicht verschont. Bereits 1480 trat der erste Bannbrief zum Schutz des Waldes in Kraft. St. Antönien machte mehrfach tragische Erfahrungen mit den Lawinen, das früheste beschriebene Lawinenunglück ereignete sich 1668. Im Ort selbst und weit darüber hinaus ist der Lawinenwinter 1951 in Erinnerung geblieben: Zehn Menschen wurden verschüttet, neun davon gerettet, 50 Stück Vieh getötet und 42 Gebäude beschädigt oder zerstört. Die Realisierung der bereits geplanten Lawinenverbauungen wurde forciert. Ab 1952 entstand während zweieinhalb Jahrzehnten am Chüenihorn und Tschatschuggen die zwölf Kilometer lange Lawinenverbauung, damals die grösste der Schweiz. Später kamen die Verbauungen am Eggberg dazu. Noch heute erfüllt der Wald in St. Antönien primär eine Schutzfunktion, die Instandhaltung der technischen Verbauungen ist ein Endloswerk.

Wie das Dorf der Naturgewalt trotzt, zeigt sich auch in der Architektur. Häuser und Höfe wurden an weniger gefährdeten Stellen gebaut und mit «Ebenhöch» geschützt. Die Lawinenschutzorganisation der Gemeinde überwacht die Lawinensituation und entscheidet über allfällige Sicherheitsmassnahmen wie Wegsperrungen. Durch die Verbauungen und die Aufforstungen hat sich die Bedrohungslage stark reduziert, der Umgang mit den Lawinen gehört jedoch weiterhin zum Leben im Dorf und sollte weder von Einheimischen noch Gästen unterschätzt werden.