Sprache
Das Walserdeutsch ist vielleicht das wichtigste erhaltene Merkmal der Walser. Man könnte auch sagen, wer Walserdeutsch spricht, ist ein Walser. In St. Antönien hat sich der Walserdialekt gut erhalten. Typische Merkmale sind der Vokalreichtum und die Verschiebung des «s» zu «sch», so «schii» für «sie» und «ünsch für «uns».
So wünschen wir Ihnen in St. Antönien beispielsweise «en hübscha Tag».
Damit das Fragen nach dem Weg auch klappt, finden Sie rechts ein kleines 1×1.
Möchten Sie wissen, wie dies klingt? Dann hören Sie in unsere Alpsagen hinein.
Tradition & Brauchtum
Mit dem Silvestersingen oder «Altjahrsingen» ist in St. Antönien ein jahrhundertealter Brauch heute noch lebendig. Ledige Burschen ziehen in zwei bis drei Gruppen durch die ganze Talschaft und singen vor jedem Haus ein Lied. Die ZuhörerInnen dürfen dabei wählen, ob sie das alte, aus dem 16. Jahrhundert stammende, oder das neue Lied wünschen. Im Anschluss wird der für manche schwierig zu erlernende Neujahrswunsch aufgesagt. Das Altjahrsingen ist für Einheimische und Gäste die wohl wichtigste lokale Tradition. Dies zeigt sich auch im grosszügigen Obulus, den die Sänger erhalten. In fast jedem Haus werden selbstgemachter Röteli und – wo ledige Töchter wohnen – auch Speisen serviert. Zum Abschluss des Altjahrsingens treffen sich die Burschen auf dem Platz und schliessen das Singen und Wünschen in den umliegenden Restaurants ab.
Landwirtschaft & Handwerk
Die Kulturlandschaft ist das Ergebnis jahrhundertelanger Bergbauernarbeit. Ohne
die Landwirtschaft würden die grünen Hänge rund um das Dorf bald verbuschen und die Landschaft, wie man sie kennt und schätzt, würde verloren gehen. Mit der
Bewirtschaftung der Trockenwiesen und -weiden regionaler und nationaler
Bedeutung leistet die Landwirtschaft einen zentralen Beitrag zum Erhalt dieser artenreichen Biotope. Trockensteinmauern bilden heute ästhetische Landschaftselemente und wertvolle Lebensräume. Auch sie sind das Resultat jahrelanger Arbeit – Steine wurden fortlaufend von den Wiesen entfernt und
ohne Zuhilfenahme von Bindestoffen lose zu Trockensteinmauern verbaut. Heute gelten Trockensteinmauern als ein Zeugnis von ländlicher Baukultur und Handwerkskunst. Sie bilden eine jahrhundertealte Tradition. Genauso wie der Umgang mit Lawinen, zählt der Bau von Trockenmauern zu den lebendigen
Traditionen der Schweiz und wurde in die Repräsentative Liste des im materiellen
Kulturerbes der UNESCO auf genommen. Ein weiteres prägendes Element der Kulturlandschaft sind die hölzernen Schrägzäune, auch ein uraltes Handwerk und häufig im Prättigau zu finden. Auch sie tragen zur Landschaftsqualität und Strukturvielfalt bei.
Architektur
Nicht nur die Streusiedlung gibt einen Hinweis auf die Geschichte des Ortes, sondern auch die Holzhäuser zeugen von den Wurzeln in der Walserkultur. Bei der Bauweise fällt eine weitere Besonderheit auf – die Ebenhöch, ein altbewährter Schutz bei Lawinenniedergängen. Bei der ursprünglichen Form des Ebenhöchs schliesst das Dach bergseitig nahtlos ans Terrain an. In St. Antönien wird jedoch häufig ein neuerer Typ gesehen. Die Bergseite des Hauses wurde mit einem dreieckigen Schwergewichtskörper verstärkt. Die Spitze des ungefähr gleichschenkligen Keils sollte nun die Schneemassen beidseitig des Gebäudes ablenken. Oft wurde darauf ein Baum, meist eine Fichte oder Arve, gepflanzt.
Kunst & Kultur
Die Landschaft von St. Antönien prägt die Menschen und das kulturelle Schaffen. 1992 wurde eine Kulturgruppe gegründet, die das Kulturleben im Tal mit Ausstellungen und Veranstaltungen bereichert. Zu erwähnen das kleine, aber feine Museum Haus der Lawinen – Laubänähus, welches das Thema Lawinen rund um St. Antönien erlebbar macht. Während der Volksmusikwoche im Juli wird das Dorf zum Treffpunkt für Volksmusikfreunde – Könner und solche die es werden möchten oder einfach gerne zuhören. Bei der Ländlerchilbi kommen Alt und Jung zusammen und die Schärmenparty ist bereits Legende.
Geologie
St. Antönien ist aus geologischer Sicht ein spannendes Gebiet. Da wäre einerseits das weitläufige Höhlensystem in den Kalkwänden der Sulzfluh und Schijenflue zu erwähnen und andererseits das schweizweit einmalige Phänomen der sich kreuzenden Moränen im BLN-Schutzgebiet Plasseggen-Schijenflue. Bereits bei der Ankunft in St. Antönien, wenn man in Richtung Gafiatal blickt, fällt eine Besonderheit auf: Zwischen den grünen Talhängen und den dunkeln Gipfeln leuchtet heller Kalkfels auf. Das Dorf sowie die sanften, wiesenbewachsenen Gipfel liegen auf den weichen Gesteinen des nordpenninischen Prättigau-Flysches. Darüber liegt ein Kalkband, welches im Gafiatal von der kristallinen Silvrettadecke überlagert wird, jedoch im Bereich der Schijenflue und Sulzfluh die oberste Schicht bildet. Mit der abwechslungsreichen Geologie geht auch eine vielfältige Flora einher und macht St. Antönien zum Paradies für NaturliebhaberInnen. Insbesondere das Gafiatal ist bekannt als Naturperle und wer aufmerksam beobachtet, findet auch eines der geschützten Edelweiss (Leontopodium alpinum).