Die Skiberge des Sellraintales

Schaut man eine Landkarte der Umgebung Innsbrucks oder speziell des Sellraintales mit den eingezeichneten Skirouten an, wird man rasch gewahr, dass fast jeder Berg der Stubaier Alpen, die sich gegen das Sellraintal hin erstrecken, auch mit Skiern ersteigbar ist. Selbst wenn er noch so schroff ausschaut, irgendwo bietet sich immer ein Durchkommen für den Skitourengeher. Und wie überall kommen die eingeschworenen Skialpinisten trotz dieses Überangebotes an Touren immer wieder auf den gleichen Gipfeln zusammen. Kriterium ist wie in allen beliebten Gebieten ein kurzer Anfahrtsweg, eine ausreichende Parkmöglichkeit und eine Einkehrstation während oder nach vollbrachter Skitour. Und so gibt es einige „Grüßgottberge“ im unmittelbaren Bereich von Sellrain, Gries oder St. Sigmund, wo nicht nur Innsbrucker, sondern auch die bayerischen Tourenfreunde immer wieder lange nicht mehr gesehene Freunde und Bekannte treffen und aus dem Händeschütteln nicht mehr herauskommen.

Drei kleine Seitentäler ziehen der Reihe nach vom Sellraintal auf seiner linken, östlichen Seite tief in die Berge. Gleich das erste, das Fotscher Tal, kann mit einer Reihe feiner Skitouren, mit dem Roten Kogel als meist besuchtem, aufwarten, ebenso gibt es auf der Potsdamer Hütte einen idealen Stützpunkt.

Im Lüsener Tal (Lüsenstal), welches in Gries abzweigt, beherrscht der gewaltige Lüsener Fernerkogel die Bergszenerie. Hier finden die Skitourengeher die beliebtesten und am meisten begangenen Skitouren Tirols. Dazu gehört an erster Stelle wohl die Lampsenspitze und mit etwas Vorbehalt auch der Zischgeles.

Nächstes Seitental ist das stille Gleirschtal, welches bei St. Sigmund abzweigt, mit der für den Tourengeher wichtigen Pforzheimer Hütte und ebenfalls einer Reihe schönster Skiberge, angefangen vom hüttennahen Samerschlag bis zum am Ende des Tales gelegenen Gleirscher Fernerkogel.

Noch eine Stufe höher, in Haggen und bereits auf 1.600 m gelegen, mündet das Kraspestal und führt in eine urige, wilde Berglandschaft, die sich der Tourengeher erst von Stufe zu Stufe erobern muss, bis er endlich den Gipfel des Zwieselbacher Roßkogels vor Augen hat.

Bei allen Touren unbedingt den Lawinenlagebricht beachten!

Roter Kogel (2.832 m)

Seit der „Erfindung“ des Skitourengehens in Tirol gehört der Rote Kogel im Fotschertal zum fixen Programm der Winterbergsteiger. Im ältesten Tiroler Skitourenführer aus dem Jahre 1910 ist er mit Ausgangspunkt vom weit entfernten Bahnhof Kematen mit einer Gehzeit von 9 Stunden beschrieben.

Heute macht man es nicht mehr so kompliziert und startet bei der Eisbrücke oberhalb der Ortschaft Sellrain und wandert gemütlich ins Fotschertal bis zur Potsdamer Hütte, einem idealen Stützpunkt für eine Reihe weiterer Skitouren.

Beliebt im Fotschertal ist auch das Fotscher Windegg (2.577 m) mit der Abfahrt über die Almindalm, dessen sanfte Hänge bei richtiger Spurwahl kaum lawinengefährdet sind.

Gehzeiten: Sellrain, Eisbrücke (1.192 m) – Bergheim Fotsch – Potsdamer Hütte (2.020 m) 2 – 2,5 Stunden – Roter Kogel (2.832 m), insgesamt 4 bis 4,5 Stunden, 1.700 Hm.

Lampsenspitze (2.876 m)

Die Lampsenspitze ist eine der beliebtesten und am meisten frequentierten Skitouren in den Sellrainer Bergen, wenn nicht von ganz Tirol.

Vom Parkplatz in Praxmar zum Übungsschlepplift und auf der Skiwiese zum lichten Waldrand. Entweder am weit ausholenden Rodelweg oder im Gelände zwischen den Kehren aufwärts zu einer Geländestufe bei der Kogelhütte mit weithin sichtbarem Steinmann. Durch Mulden und Tälchen leicht rechts haltend ins Gipfelgelände. Skidepot hundert Meter unterhalb des Gipfels, auf den man zu Fuß stapft. Bei der Abfahrt hält man sich entlang der Aufstiegsroute.

Freerider-Abweichungen von der Route nur bei sicherster Lawinensituation.

Gehzeit: Praxmar (1.692 m) im Sellrain, Aufstiegszeit 3 bis 3,5 Stunden, 1.200 HM. Exposition Ost.

Zischgeles (3.004 m)

Unter den vielen Skitouren des Sellrainer Tourengebietes befindet sich auch ein Berg, der relativ häufig durch Lawinenmeldungen auf sich aufmerksam macht. Fast jedes Jahr einmal gerät dieser schöne Dreitausender, unmittelbarer Nachbarberg der beliebten Lampsenspitze, in die Schlagzeilen. Am Zischgeles oberhalb von Praxmar sind lange Steilhänge zu überwinden – ein Traumgelände für jeden guten Tourenfahrer bei Pulver oder Firn – die aber bei ungünstiger Schneelage recht schnell zu gefährlichen Lawinenfallen werden können.

Gehzeit: Praxmar – Zischgeles 3 bis 3,5 Stunden, 1.300 HM, oft lawinengefährdet! Unbedingt Lawinenlagebericht beachten! Die Buchung eines heimischen Bergführers darf empfohlen werden.

Lüsener Fernerkogel (3.298 m)

Schon für Walter Pause, den legendären Erfinder der „100 schönsten“ Vorschlagsbände, galt der Fernerkogel als seine Lieblingstour über das ganze Bergsteigerleben hinweg. Da steht er: Eine Berggestalt, wie man sie eindrucksvoller kaum findet und welche kaum den Gedanken aufkommen lässt, dass man hier bis knapp unter den Gipfel mit den Skiern aufsteigen kann. Der riesige Steilhang gleicht einer weißen Wand, alle Felsrinnen und Gletscherschliffplatten sind im Hochwinter und bis weit in den Frühling fest zugeschneit und der Schnee reicht noch im Mai bis in den Talboden.

Eine Portion Ausdauer verlangt diese Tour mit ihren fast 1.700 Höhenmetern aber allemal und vor allem im unteren Steilhang sollte man mit steilen Spitzkehren keine Probleme haben. Der Lüsener Fernerkogel gilt als klassische Frühjahrstour, auch wenn er mittlerweile das ganze Jahr hindurch begangen wird.

Gehzeit: Lüsens (1.636 m) – Fernerboden (1.716 m) – Lüsener Ferner – Plattige Wand (3.045m) – Skidepot Rotgratscharte (3.200 m) – Lüsener Fernerkogel (3.298m) ca. 4,5 bis 5 Stunden, 1.660HM. Abstecher zur Lüsenser Spitze (Aufstieg bis zum Gipfel möglich, 3.230m) unwesentlich kürzer.

Zwieselbacher Roßkogel (3.081 m)

Ebenso eine sehr beliebte Skitour im Sellraintal ist der Zwieselbacher Rosskogel. Eine Skitour, die bis weit in den Frühsommer möglich ist, wenn auf den Talwiesen schon längst die Krokusse blühen. Hier im engen Kraspestal hält sich der Schnee meist bis gegen Ende Mai, Anfang Juni. Zwei mitunter recht exquisite Stellen sind auf diesem Anstieg zu überwinden. Bekannt als die „erste Zwing“ und die „zweite Zwing“, erfordern diese steilen Engstellen volle Aufmerksamkeit sowohl beim Aufstieg mit steilen Spitzkehren als auch bei der Abfahrt. Hat man diese Schlüsselstellen glücklich überwunden, weiten sich riesige, hindernislose Skihänge bis in die Gipfelregion mit dem kleinen Gletscher.

Gehzeit: Haggen – Kraspestal – Zwieselbacher Rosskogel 4 Stunden, 1.432 HM. Etwas kürzer gestaltet sich die Alternative nach der „zweiten Zwing“ am Beginn der Gletscherzunge im Rechtsbogen zu den Weitkarspitzen.