Schafübertrieb ins Sommerquartier

Vom Südtiroler Schnalstal auf die Venter Weiden

Seit 1415 gibt es eine Vereinbarung zwischen den Südtiroler Schaf- und Ziegen­züchtern des Schnalstals mit den Venter Bauern zur Nutzung der Weiden auf der Niedertal- und Rofenberg-Alm. Somit wiederholt sich alljährlich im Juni das Schauspiel des Übertriebs der Schafherden.

Der Übertrieb der ca. 2.200 Schafe und 200 bis 300 Ziegen von Vernagt (1.700 m) über das Niederjoch (3.019 m) vorbei an der Similaun­hütte zur Niedertal-Alm erfolgt am frühen Morgen. Schon vor Tagesanbruch um ca. 3.00 Uhr startet der erste Teil der Herde.

Übertrieb von Kurzras (1.500 m) über das Hochjoch (2.850 m), vorbei an der Schutz­hütte Schöne Aussicht und von dort abwärts zur Rofenberg-Alm. Die Schafherde mit bis zu 1.500 Schafen startet um ca. 5.00 Uhr.

Wichtig: Im Falle von extremen Witterungs­verhältnissen sind Terminänderungen möglich. Diese werden kurzfristig bekannt gegeben.

Sie können die Schafe auf ihrem Weg vom Schnalstal zur Martin Busch Hütte oder zum Hochjoch Hospiz begleiten oder sie bei den Hütten empfangen.

Bei Fragen zu den Übertrieben über das Nieder- und Hochjoch:

  • Obmann der Alm­interes­sen­schaft Niedertal Hermann Götsch, Tel: 0039 333 2725 356, info@obergamphof.it
  • Obmann Alm­interes­sen­schaft Rofenberg Anton Peter Raffeiner, Tel. 0039 333 174 9110, anton.raffeiner@gmail.com
  • Samstag, 10. Juni 2032
  • ab 3.00 Uhr von Vernagt
  • ab 5.00 Uhr von Kurzras

Hütten:

  • Schöne Aussicht Tel. 0039 0473 662140
  • Similaunhütte Tel. 0039 0473 669711
  • Martin Busch Hütte Tel. 0043 5254 8130 (Hotel Alt Vent)
  • Hochjoch Hospiz Tel. 0043 664 540 2574

Die Lager bzw. Betten sollten auf den Hütten reserviert werden, da die Hütten Anfang Juni zum Teil noch ge­schlos­sen sind. Einen or­ga­ni­sierten Transfer von Vent ins Schnalstal oder zurück gibt es nicht.

  • Allgemeine Informationen: Ötztal Touris­mus Information Vent, 6458 Vent,Tel +43 (0)57 200 260, vent@oetztal.com

Impression vom Übertrieb im September, vom Ötztal ins Schnalstal:

„Weltkulturerbe Transhumanz: Bergtour vom Ötztal ins Schnalstal“, YouTube Kanal Tirol, 4 Minuten 38 Sek.

Die Schafzucht hatte früher eine große Bedeutung, hauptsächlich wegen der Wolle (heute hat unsere Wolle keinen Wert mehr). Da jedoch viel zu wenig Weideflächen vorhanden waren, haben sich die Bauern aus dem Schnalstal entschlossen, die Schafe ins Nachbargebiet „Niedertal-Ötztal” für die Sommermonate zu treiben. Daher wurde 1415 ein Weiderechtsvertrag zwischen den Bauern von Vent und Schnals abgeschlossen. Dieser Vertrag enthält das Weiderecht von Mitte Juni bis Mitte September. Die Schnalser Bauern haben eine Interessenschaft gegründet. Am Anfang waren es 26 Mitglieder. Davon sind nur mehr 21 Mitglieder übrig, da fünf Bauern ihre Rechte an die Interessenschaft verkauft haben. Dieses Weiderecht wird von den Bauern mit Stolz weiterhin, bis zum heutigen Tag, aufrecht erhalten.

Als nach dem ersten Weltkrieg 1919 die Staatsgrenze gezogen wurde und Südtirol zu Italien kam, blieben die Rechte immer noch erhalten. Jedoch musste die Gendar­merie von beiden Seiten der Grenze, Südtirol und Österreich, die Passage über die Staatsgrenze genehmigen. Auch beide Landestierärzte mussten ihre Kontrollen durchführen, die Gesundheitszeugnisse der Tiere kontrollieren. In den letzten Jahren, als Österreich zur EU kam, fielen die Finanzkontrollen weg.

Der Übertrieb auf die Niedertaler Sommerweiden

Jedes Jahr werden 2.000 Schafe von Vernagt im Schnalstal über das Niederjoch (Similaunhütte 3.019 m) ins Niedertal getrieben, von ungefähr 20 Treibern, einem Hirten und Hund begleitet. Der 12-stündige Übertrieb ist manchmal schwierig, je nach Wetterverhältnissen und Schnee. Im Jahr 1979 waren unterhalb der Similaun­hütte, im steilen Gelände, ungefähr 70 Schafe im Schneesturm erstickt. Sie konnten erst am nächsten Tag mit einem Hubschrauber geborgen werden. Die Treiber, die dabei waren, konnten sich retten und blieben unverletzt. Früher waren über die Sommermonate zwei Hirten beschäftigt. Jetzt ist es nur noch ein Hirte, der die Schafe betreut.

Der Schafabtrieb im September

Mitte September werden die Schafe von 4 Treibern auf einer Fläche von 6.000 ha zusammengetrieben, für den Schafabtrieb zurück nach Vernagt. Dort erwarten sie die Bauern zum „Schôfschoad” (zum Trennen der Schafe). Daraus wird ein kleines Fest, mit vielen Schaulustigen, Gästen und Einheimischen. Denn die Bauern sind stolz, diese alte Tradition beibehalten zu haben.

Vom Erlös des Weidegeldes werden jeden Winter, bei der Almrechnung (Versammlung) der Interessenten, der Hirte, die Treiber und sonstige Spesen ausgezahlt. Der übrige Erlös wird unter den 21 Mitgliedern der Interessenschaft aufgeteilt. Jede Jahr, vor dem Auf- und Abtrieb wird in der Pfarrkirche „Unser Frau“ im Schnalstal eine Heilige Messe gehalten für einen guten Übertrieb, für die Treiber und Tiere.

Text von Konrad Götsch, ehemaliger Obmann der Alminteressenschaft Niedertal, Obergamphof, Schnalstal in Südtirol