Nächster Halt: Bergsteigerdorf!
Autofrei mobil in den Bergsteigerdörfern
Es braucht etwas Vorbereitung und je eine Prise Gelassenheit und Abenteuerlust, wenn der Bergurlaub ohne unser alltägliches Convenience-Vehikel Auto stattfinden soll. Für die Bergsteigerdörfer sind bergsteigertaugliche Mobilitätsangebote sogar eine Voraussetzung.
Im September fährt der letzte Bus von Vent um 17 Uhr ab, die Wanderbusse in der Steirischen Krakau fahren ab der ersten Sommerferienwoche und wer von Grünau Richtung Salzburg fahren will, nimmt meist den Umweg über Linz, um schneller ans Ziel zu kommen. Diese und andere Dinge lernt, wer die Bergsteigerdörfer überwiegend mit Öffis besucht.
Ein Kriterium der Bergsteigerdörfer ist die öffentliche Erreichbarkeit und das Mobilitätsangebot für das Umherkommen vor Ort (z.B. über Taxidienste, Abholservice, organisierte Mitfahrgelegenheiten). Das soll die Möglichkeit eröffnen, auch oder gerade im Urlaub ohne Auto auszukommen, und vor allem soll die Verkehrssituation für die Orte entspannt werden oder bleiben. Ein überfüllter Parkplatz oder der stetig fließende Verkehrsstrom durch das Dorf sind weder dem Ortsbild, noch dem Erholungswert zuträglich.
Dass der öffentliche Personennahverkehr in diesen meist abgelegenen Orten aufrechterhalten oder ausgebaut wird, ist weder selbstverständlich, noch einfach. Rentabilität, Finanzierung und Verhandlungen mit Verkehrsbetrieben und Verkehrsverbünden gestalten sich oft schwierig. Dass Gäste und Besucher das Angebot der vorhandenen Öffis nutzen, stellt in vielen Regionen den Erhalt dieser wichtigen Infrastruktur sicher.
Einige Bergsteigerdörfer sind in der glücklichen Lage, eine Bahnanbindung zu haben und nutzen das für sich. Mallnitz hat das Verkehrsthema zu einem Schwerpunkt gemacht. Als Mitglied der Alpine Pearls – einem Netzwerk von Gemeinden und Städten in den Alpen, die sich der sanften Mobilität verschreiben – setzt es diverse Lösungsansätze für eben diese sanfte Mobilität um (www.mallnitz.at/alpine-pearls). Grünau im Almtal ist die letzte Haltestelle der Almtalbahn, um deren Erhaltung die Bevölkerung lange gekämpft hat – erfolgreich, denn ÖBB und Landesregierung haben sich nun auf die Sanierung und Modernisierung geeinigt. Auch in Johnsbach fährt nun an den Wochenenden wieder ein Zug von und nach Wien (www.gesaeuse.at/news/zug). In den meisten anderen Bergsteigerdörfern ist man auf Busse angewiesen, die in regelmäßigen Takten diese Destinationen anfahren.
Neben der An- und Abreise ist natürlich wichtig, dass die Ausgangspunkte für Bergtouren gut erreichbar sind. So wurden diverse Wandertaxisysteme ausgeklügelt und auch Modelle, die man eher in städtischen Regionen vermutet, finden sich hier. Carsharing und E-Mobilität sind in den Bergsteigerdörfern inzwischen kein ungewohnter Anblick mehr.
Zu lang, zu teuer, zu umständlich – diese Argumente hören Verfechter der öffentlichen Freizeitmobilität nicht selten. Manchmal sind diese Argumente auch berechtigt, wie wenn z.B. die Öffi-Anreise von Tirol ins Maltatal 7,5 Stunden anstatt mit dem Auto drei Stunden dauert. Wie bei vielem ist bei der Frage nach dem Fortbewegungsmittel die Verhältnismäßigkeit abzuwägen.
Während diese Zusammenstellung entsteht, wird im Radio prognostiziert, dass es wohl zum Erscheinungstermin dieses Beitrags in den Öffis Normalität geworden sei, dass die Fahrgäste wie in Asien Mund-Nasenschutz tragen. Wie wird es nach diesem stillen Frühling um die Bereitschaft stehen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen? Werden sich die Besucher voll Vorfreude auf ihr Ziel in Bus und Bahn setzen?
Es bleibt zu hoffen, dass die mit viel Engagement und Verhandlungsgeschick aufgebauten Mobilitätslösungen – gerade in den abgelegenen Berggebieten – bestehen bleiben und Gedanken an das entschleunigte Reisen ohne Auto, an den Klimaschutz und an die Reduktion des Verkehrs die Besucher nach wie vor motivieren werden, diese anzunehmen. Nun heißt es aber, zuhause von den Bergsteigerdörfern zu träumen – und von der Reise dahin, die ebenso ein Abenteuer sein kann.
Wir laden auf diese gedankliche Reise ein und stellen zwei Beispiele genauer vor, einmal aus der Sicht der Organisatoren und einmal aus der der Gäste.
Alp- und Wanderbusse in der Bergsteigerdorf-Region Biosphärenpark Großes Walsertal
Bereits seit 1995 gibt es in der Bergsteigerdorf-Region Großes Walsertal das Erfolgsmodell der Wander- und Alpbusse. Seit damals wurde das Angebot mehrmals der Nachfrage angepasst.
Im Biosphärenpark Großes Walsertal findet sich eine Vielzahl an bewirtschafteten Alpen auf denen vor Ort die Milch zum Alp- und Bergkäse mit der Marke „Walserstolz“ veredelt wird. Diese Alpen sind auch Ausgangspunkt zu Berggipfeln der Region. Von über 2.000 Metern bis hinauf zum höchsten Berg des Großen Walsertales, der Roten Wand mit 2.704 Metern. Auch die Alpenvereinshütten – Biberacher-, Göppinger- und Freiburgerhütte – sind damit leichter erreichbar.
Der Wanderbus fährt täglich mehrmals die Alpe Laguz am Fuße der Roten Wand an. Der Güterweg (Alpstraße) wurde für den Individualverkehr gesperrt. Die Alpbusse verkehren jeweils immer am gleichen Wochentag auf eine andere Alpe mit der Möglichkeit das Alppersonal zu besuchen, einen guten Ausgangspunkt für Bergtouren zu haben und Rundwanderungen zu unternehmen.
Diese beiden Projekte werden seit Beginn der Einführung vom Verkehrsverbund Vorarlberg, den Gemeinden des Großen Walsertales und mit Einnahmen der Fahrgäste finanziert. Seit Einführung des Angebotes gibt es in der gesamten Region keine Mautstraßen auf die Alpen mehr, was für die Natur von Vorteil ist und den Verantwortlichen der Güterwege weniger Haftungssorgen bereitet. Eine Abgeltung für die Benützung der Güterwege an die Straßenbesitzer ist gewährleistet. Für die Gäste der Region ist es ein beliebtes Angebot, auch Tagesgäste und Einwohner des Tales nehmen die Möglichkeit gerne in Anspruch.
Bei der Fahrplangestaltung wird auf die Anschlussmöglichkeit an den öffentlichen Verkehr geachtet.
Das Angebot wird durch das Biosphärenpark Management und die Tourismusdestination in der Bewerbung aktiv unterstützt und unterstreicht die Philosophie des Biosphärenparks sowie der Bergsteigerdorf-Region Großes Walsertal.
Weitere Infos: : alpbus.grosseswalsertal.at
Franz-Ferdninand Türtscher war als Bürgermeister der Gemeinde Sonntag im Großen Walsertal an der Entwicklung des Alp- und Wanderbussystems maßgeblich beteiligt. Die Bergsteigerdörfer unterstützt er nach wie vor als Mitglied des beratenden Operativen Ausschusses.
Mit Tourenschi im schönen Wipptal
Unterwegs mit ÖFFI`s in den Bergsteigerdörfern St. Jodok, Schmirn und Valsertal, organisiert von der Sektion Alpenverein TK-Linz
Schon Monate vorher planen wir für unsere Vereinszeitung und unser Tourenportal auf www.alpenverein.at/tk-linz die verschiedensten Touren. Darunter finden sich immer mehr „ÖFFI Touren“. Sie liegen mittlerweile unserer Sektion sehr am Herzen.
Wenn man ÖFFI Touren realisieren möchte, ist ein meistens nur ein kleiner Mehraufwand notwendig. Das übernehmen wir Tourenleiter gerne für unsere Gruppe. Ungewohnt war für viele das Wie und Was. “Wia soi denn des gehn?”; “Wia tuan ma do mit de Schi?”; “Wo tua i de Schischua hin?”, so die Fragen einiger.
Schon acht Wochen vorher besorgten wir über Internet die Zug-Fahrkarten. Supergünstig mit dem ÖBB Sparticket: um € 19,00 von Linz nach Innsbruck. Kostenlos ging es weiter mit der S4 und der Gästekarte (diese wurde uns schon vor der Anreise vom Hotel per Email übermittelt) nach St. Jodok. Nach ca. vier Stunden Fahrzeit und anschließenden sieben Minuten Gehzeit zum Bergsteigerhotel „Das Lamm“ wurden wir von Petra, Patrick und Valentina freundlich empfangen. Schon bei der Ankunft fühlten wir uns sehr wohl. Unser Fazit: Eine Anreise mit dem Auto wäre zwar in etwa in der gleichen Zeit, aber niemals so stressfrei möglich.
Schon am nächsten Morgen, wie auch in den Tagen darauf, wartete Christoph Mader vom Geraerhof, unser Taxichauffeur, pünktlich vorm Haus. Schnell wurden unsere Schi in die Autos (inkl. Schneeketten) verfrachtet, neun Schitourenbegeisterte in die schönen Täler von Vals und Schmirn zu den Ausgangspunkten chauffiert und nach der Tour wieder zur gewünschten Zeit abgeholt. Auf der Fahrt gab er uns ortskundig die besten Tipps für schöne und machbare Schitouren für die folgenden Tage. Ein toller Mehrwert für uns, die wir ja alle zum ersten Mal in dieser lieblichen Gegend waren. Für diesen Taxidienst mussten wir, dank Tourismusverband, nichts zahlen.
Am Höhepunkt, trotz leichteren Ausrutschern unseres Wetterfrosches, durften wir bei Sonnenschein und Pulverschnee die Hänge der Vennspitze begeistert hinunter kurven. Die „Leitn“ und der Sattelberg waren schöne, vor allem sichere Anstiege, bei unseren, leider nicht ganz stabilen Wetter- und Schneeverhältnissen. Zum Abschluss gab es immer einladende Einkehr Möglichkeiten auf Almen und in Gasthäusern, wo wir die schönen Touren mit heimischen Produkten genüsslich und froh gelaunt ausklingen lassen konnten.
Ja alles hat ein Ende, auch unsere Tourentage. Am Abreisetag schafften wir noch eine Abschlusstour auf die Sattelbergalm bei Sonnenschein. Kurz noch ein „Zaumsitz`n“ bei Kaffee und Kuchen und ab ging es mit Sack und Pack zum Bahnhof St. Jodok. Das Zurückschauen ins liebliche Bergsteigerdorf ist leider im Moment durch die Brandruine neben dem Bergsteigerhotel traurig beschädigt. Wir hoffen und wünschen der jungen Familie Patrick & Petra vom Hotel “Das Lamm”, dass sich dieser Anblick schnellstmöglich bessert.
Pünktlich war die Lokalbahn, kurz der Aufenthalt in Innsbruck, flott und bequem auf den reservierten Plätzen die Fahrt nach Linz. Unser Versprechen: wir kommen wieder!
Weitere Infos: www.wipptal.at/einfach-mobil
Hans & Elfi Ullrich sind begeisterte ÖFFI Fahrer und organisieren schon seit Jahren für die Sektion TK Linz Bergwanderungen und Schitouren mit Bus und Bahn, die auf www.alpenverein.at/tk-linz unter “Tour & Natur” zu finden sind.